Evangelische Kirchengemeinde
Essen-Altstadt

„Allein Deine Gnade genügt“

Salbungsgottesdienst am 14.04.2019

Salbungsgottesdienste sind durchaus (noch) nicht gewöhnlich in der rheinischen Kirche. In der Kreuzeskirchengemeinde findet ein solcher Gottesdienst dieses Jahr dreimal statt.

Die Gemeinde kennt das Ritual der Salbung, weiß etwas damit anzufangen, das war zu spüren. Von der äußeren Form war es ein gewohnter evangelischer Gottesdienst, die Lieder jedoch stammten nicht aus unserem Gesangbuch, sondern waren – mir zum größeren Teil vertraute – Anbetungslieder. Gesungen wurden sie von einem kleinen Chor mit begleitenden Instrumenten, der aber nicht aus der Gemeinde stammte und dessen Mitglieder aus verschiedenen Gemeinden im Ruhrgebiet kamen. Evangelium und gleichzeitig Predigtgrundlage war die Geschichte der Salbung in Betanien, die der Pfarrer auf die Salbung hin, auslegte. Eine weitere Pastorin der Gemeinde wirkte an der Liturgie mit. Beide trugen die violette Stola der Passionszeit, die sie aber nach der Predigt ablegten, als sie sich mit einem Team von (ich glaube) vier weiteren Personen am Altar sammelten. Diese legten ein weißes, selbstgenähtes, Stola - artiges Tuch um, das sie als Mitwirkende bei der Salbung kennzeichnete. Wie beim Abendmahl kamen wir nach vorne und sammelten uns vor dem Altar. Der Pfarrer und zwei Mitarbeitende nahmen die Salbung vor; eine Person hielt die Schale mit dem Salböl, eine weitere stand hinter der Person und legte die Hände, gewissermaßen zur „Rückenstärkung“, auf die Schultern. Ein Kreuz aus Salbe wurde auf die Stirn und die Handinnenflächen gezeichnet. Dann nahm der Pfarrer beide Hände in seine eigenen Hände, faltete sie zusammen und sprach einen Segen.

Das alles vollzog sich in einer unaufgeregten, ruhigen und konzentrierten Atmosphäre. Der größere Teil der Gottesdienstgemeinde nahm daran teil, nur wenige blieben währenddessen auf ihren Plätzen. Der Gottesdienst endete, wie gewohnt mit dem Segen, und mündete. aus Anlass eines Geburtstages, in einen kleinen Empfang im hinteren Teil der Kirche, der dafür entsprechend eingerichtet war.

Was mich, im positiven Sinne, überrascht hat, ist die Selbstverständlichkeit, mit der die Salbung, die seit einigen Jahrzehnten, wenn auch noch nicht sehr häufig, in unserer Kirche praktiziert wird, in einen normalen evangelischen Sonntagsgottesdienst integriert wird. Da war nichts Aufgesetztes, nichts Peinliches oder Befremdendes, wie es leicht bei nicht ausreichender Vorbereitung auch hätte passieren können. Die Botschaft der Salbung, die auch in diesem Gottesdienst gut rüberkam, lautet: Es soll dir gut gehen. Du sollst heil werden. Du sollst wachsen, an Stärke gewinnen. Gott nimmt dich in seinen Schutz. So gebrochen du sein magst, welche Verletzungen und Verbitterung du auch mit dir herumträgst – steh auf und geh! Damit wird ein Aspekt des christlichen Glaubens unterstrichen, der zuweilen in unseren Gottesdiensten zu kurz kommt und der auf diese Weise angemessen gewürdigt wird. Deswegen ist es zu wünschen, dass ein solcher Gottesdienst zum Vorbild auch für andere Gemeinden wird.

Pfarrer Stephan Sticherling, Düsseldorf